Lutherrose

Spuren der Theologie und Frömmigkeit Martin Luthers finden sich auch in seiner Lutherrose.

Sie hat uns in Unterrißdorf im Jahr 2009 im Rahmen von Oekomenta 09 Sachsen-Anhalt in ungewöhnlicher und aufregender Weise beschäftigt:
Mehr als 30 Land- und Forstwirte, Gärtner und Winzer schufen auf Äckern, Wiesen und Wäldern auf Flächen von 100x100 m überdimensionale Landschaftsbilder. So auch Landwirt Klaus Gremmes am Rande von Unterrißdorf. Die besonders schöne Idee war mit Erfolg zum Ziel gekommen: Marten Grau und Philipp Grohmann (Agrarinstitut der Martin-Luther-Universität Halle) hatten hierfür eine riesige Lutherrose entworfen. Mit Unterstützung zur Software durch John Deere Deutschland war es am 20.Mai 2009 möglich geworden, dass der Lenker des Traktors auf seinem Bildschirm an Hand von Satellitendaten die "Fahrtroute" zum Ausbringen der Samen genau erkenne.

Per Augenmaß verhalfen wir nur zur Vollendung der Herzspitze, die im Programm etwas zu rund geraten war. Der unmittelbar folgende Regen begünstigte die Hoffnung auf Gelingen.

Lutherrose in Weiß Unterrissdorf

Nach Aufgehen der Saat gab es plötzlich große Enttäuschung: "Der böse Feind" in Gestalt unzähliger Rapspflanzen wollte das Vorhaben eindeutig zunichte machen. Da brachte ein schneller Hilferuf nach und nach insgesamt 40 Personen jeder Altersgruppe auf den Acker! Per Hand wurde die gesamte Fläche in insgesamt 123 Stunden von diesen Störenfrieden befreit. Erstaunlich korrekte Konturen entwickelten sich zum unverkennbaren Bild der Lutherrose! Im Juli war sie auf der sanften Hanglage nördlich des Dorfes in Weiß und unterschiedlichem Grün zu erkennen - 

 

aus der Luft ein faszinierender Anblick ! Bald kamen wunderschönes Rot, Blau und Gelb dazu.

Am Sonntag, 9.August 2009, trafen sich rund 300 Besucher zu einer feierlichen "Abendstunde an der Lutherrose" auf dem Acker in deutlicher Festfreude. Diese ist auch zwei Jahre später noch nicht verklungen!! Auch die damaligen "Nebenwirkungen" sind beachtenswert: Die Festvorbereitung trug auffallend bei zu vertiefter Kommunikation zwischen Lutherstadt Eisleben, Ortschaft Unterrißdorf und Kirchengemeinde . Das Weiß der Rosenblätter hatte sich bereits nur noch in Resten wie zart verstreuter Puderzucker gezeigt. Jedoch zäh hielten sich die rund 240.000 Vergissmeinnicht mit ihrem Blau des Himmels, der Hornklee als "güldener Ring" und das rote Herz. Große Bienenscharen unterstützten den Anblick hörbar durch ihr Summen.

Lutherose auf Acker vor Unterrissdorf


Diese Lutherrose der wohl einmaligen Art bleibt in einer beglückenden Erinnerung für alle, die das Experiment wagten, ihm mit zum Erfolg verhalfen, ihn bestaunen durften und ihn miteinander feierten.

Der gute Einklang von Kirchengemeinden und Landwirtschaftbetrieb Gremmes erfuhr hier eine leuchtende Markierung am gemeinsamen Weg seit 1991. Immer wieder ist auch die deutliche Erinnerung an seinen Anfang dabei, als nach der „Wende“ die volkseigene Wirtschaft zusammenbrach, 300 Millionen Obstbäume gerodet werden mussten, das kurzlebige Landesgut liquidiert wurde und den 78 ha unseres Pfarrsprengels die einstweilige Verödung drohte. Familie Gremmes wurde Retter unserer Äcker. Nach den 18 Jahren guter Gemeinschaft wird in den Kirchengemeinden und weit darüber hinaus als doppelt traurig empfunden:  Ein fremder Landwirt pflügte die Lutherrose um. Er hatte sich nach Auslaufen der Pachtverträge auf die 78 ha des ehemligen Pfarrbereichs Unterrißdorf beworben. Das Kreiskirchenamt Sangerhausen missachtete die dringenden Wünsche der Kirchengemeinden nach Vertragsverlängerungen. 

Letzter Gruß der Lutherrose am Rande von Unterrißdorf
Nach all dem Planen, Grubbern, Säen und Geracker
und Feiern auf dem Lutherrosenacker
ich hier das Abschiednehmen melden will.
Die Farbenpracht verminderte sich still.
Steht man daneben, freut man sich daran,
dass man noch sehr viel Blaues sehen kann,
als ob die Himmelsfarbe zu uns spricht:
Nenn mich beim Namen und "vergiss mein nicht!"
Und wie Musik viel Bienen dazu summen
In Kürze wird ihr schönes Lied verstummen.
Es stimmt vergnügt, dass Viele Freude fanden,
die auf dem Feld an unserm Dorfe standen.
"Vergiss mein nicht!" - sagt''s Jahr 2009.
Wer weiß, wann wir uns wieder mal so freun!


Nun ein paar Jahrhunderte zurück zu Luther:
Martin Luther wollte seine Schriften bei Herausgabe mit einem Zeichen dafür versehen,
dass der Inhalt garantiert von ihm selbst stammt und keine Fälschung vorliegt.
So wurde diese Art "Echtheitssiegel" entwickelt und in die Schriften eingedruckt. Es wurde weltbekannt als die Lutherrose.

Fensterbild in ErfurtZu dem Motiv soll ihn ein Fensterbild im Augustinerkloster angeregt haben. Die drei Glasfenster in der Ostwand der Kapelle stammen aus der Zeit um 1300, die Fenster hinter dem Altar aus Mitte des 14. Jahrhunderts. Es werden Szenen aus dem Leben Christi und dem Leben des Heiligen Martin dargestellt. Um die Fenster zu schützen, baute man sie im Zweiten Weltkrieg aus und konnte sie so erhalten.

Zum ursprünglichen Zweck seiner Rose schreibt Martin Luther:

"Dis zeichen sey zeuge, daß solche bücher durch meine Hand gangen sind,
denn des falschen druckes und bücherverderbens vleyssigen sich jetzt viel"

Häufig wurde sie mit reichlichen Verzierungen umrankt. So zum Beispiel in einer Titeleinfassung, wie sie von den Wittenberger Buchdruckern Josef Klug 1524, Michael Lotther 1528 und Georg Rhaw 1530 verwendet wurde:


Die in Unterrißdorf gestalteten Aufkleber haben diese Titeleinfassung zum Vorbild.
Hier ist das Kreuz, von Luthers Beschreibung abweichend, nur schwarz umrandet.

Martin Luther erklärt den Sinn dieser "Petschaft" in einem Brief an den Nürnberger Ratsschreiber Lazarus Spengler 1530:

"Weil ihr begehrt zu wissen, ob meine Petschaft recht getroffen sei, will ich euch meine ersten Gedanken..., die ich auf meine Petschaft als ein Merkzeichen meiner Theologie wollt fassen, anzeigen. Das erste sollte ein Kreuz sein - schwarz - im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte, damit ich mir selbst Erinnerung gäbe, daß der Glaube an den Gekreuzigten uns selig macht ...Solch Herz aber soll mitten in einer weißen Rose stehen - anzeigen, daß der Glaube Freude, Trost und Friede gibt ... Darum soll die Rose weiß und nicht rot sein, denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose steht im himmelfarbenen Feld, daß solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlischen Freude zukünftig ... Und um solch Feld einen güldenen Ring, daß solche Seligkeit im Himmel ewig währet und kein Ende hat und auch köstlich ist über alle Freude und Güter, wie das Gold das edelste, köstlichste Erz ist. Christus, unser lieber Herr, sei mit eurem Geist bis in jenes Leben, Amen."

Ex Eremo Grubok, 8.Juli 1530" (WA, Luthers Briefwechsel, 5. Band, S. 444f )